GDL-Chef kündigt rasche Urabstimmung über unbefristete Bahnstreiks an

Ein IC 2 der Deutschen Bahn steht im Hauptbahnhof in Hannover Foto: Julian Stratenschulte/dpa ++ +++ dpa-Bildfunk +++

Fahrgäste der Deutschen Bahn müssen ab November mit Streiks und Einschränkungen im Bahnverkehr rechnen, die möglicherweise auch die Weihnachtsfeiertage betreffen könnten. Der Chef der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Claus Weselsky, kündigte an, in den Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn statt auf Warnstreiks auf eine rasche Urabstimmung der GDL-Mitglieder über unbefristete Streiks zu setzen.

“Warum soll ich in irgendeiner Form nur ein kleines Tamtam veranstalten, wenn ich weiß, dass es auf die andere Seite keine Wirkung entfaltet?”, sagte Weselsky der Nachrichtenagentur dpa. Von daher gebe es vonseiten der GDL mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit entweder keinen Warnstreik oder nur einen oder zwei. Die Gewerkschaft prüfe derzeit, ob eine Urabstimmung schon vor dem ersten Verhandlungstermin am 9. November möglich sei.

Weselsky schloss auch die Weihnachtsfeiertage für einen Arbeitskampf nicht aus. Seinen Angaben zufolge hat die Deutsche Bahn der GDL einen “Weihnachtsfrieden” vorgeschlagen. Das habe die GDL abgelehnt, sagte er.    

Streitpunkt ist Absenkung der Arbeitszeit

Die GDL fordert unter anderem mindestens 555 Euro mehr pro Monat sowie eine Inflationsausgleichsprämie. Als Streitpunkt wird aber vor allem die Forderung nach einer Senkung der Wochenarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden für Schichtarbeiter ohne anteilige Lohnabsenkung erwartet. Weselsky sagte, dies sei “ein Schritt, die Attraktivität der Berufe zu erhöhen und aufzuzeigen, dass auch in der Gesellschaft Anerkennung da ist”. Die Entgelterhöhung sei zwingend erforderlich, um das dritte Jahr Inflation zu kompensieren, sagte Weselsky. Was bei den Tarifen nicht erreicht werde, mache die Mitglieder ein Stück weit ärmer und schränke sie ein.

Ein weiteres Thema der Tarifverhandlungen soll das umstrittene Tarifeinheitsgesetz sein. Demnach soll in einem Betrieb mit zwei konkurrierenden Gewerkschaften nur der Tarifvertrag der mitgliederstärkeren Arbeitnehmervertretung zur Anwendung kommen. In den Hunderten Betrieben der Deutschen Bahn ist das in der Regel die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), in den Tochterunternehmen ist das Gesetz zwischen allen Beteiligten allerdings umstritten.

zufolge läuft aktuell ein Verfahren beim Bundesarbeitsgericht mit dem Streitpunkt, wie die Mitgliederzahl in einzelnen Betrieben festgestellt werden soll.

Bei der anstehenden Verhandlungsrunde will die GDL zudem erneut für neue Berufsgruppen verhandeln, für die es bislang keine GDL-Tarifverträge gibt. “Derzeitig haben wir noch keinen Tarifvertrag in der Infrastruktur. Das streben wir aber an”, kündigte Weselsky an.

Zuletzt war es in den monatelangen Tarifverhandlungen zwischen der Konkurrenzgewerkschaft EVG und der Bahn Ende August nach einem zweiwöchigen Schlichtungsverfahren zu einer Einigung gekommen. Diese sieht unter anderem 410 Euro mehr pro Monat für die Beschäftigten und eine Inflationsausgleichsprämie vor. Der Einigung sind zwei Warnstreiks der EVG vorausgegangen.