Eigentlich ist es beschlossene Sache.
Am 1. Mai 2023 soll das sogenannte Deutschlandticket als Nachfolgelösung für das 9-Euro-Ticket kommen. Die Idee: Für einen monatlichen Obolus von 49 Euro können Bürgerinnen und Bürger deutschlandweit uneingeschränkt den öffentlichen Personennahverkehr nutzen. Das ist zwar weit entfernt vom ursprünglichen Ansatz einer erschwinglichen Dauerkarte für jedermann, dürfte sich für viele Menschen aber dennoch lohnen. Nun sieht es allerdings so aus, als könnte das Deutschlandticket gar nicht halten, was es verspricht. Das zumindest legt eine Meldung der Fachvereinigung Omnibus und Touristik im Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) nahe.
In einem Beitrag auf ihrer offiziellen Website warnt die Vereinigung davor, dass das Deutschlandticket wegen einer Regelungslücke im aktuellen Gesetzentwurf von vielen Busunternehmen nicht anerkannt werden könnte. Der GVN befürchtet daher einen deutschlandweiten Flickenteppich, der eine Nutzung der Fahrkarte massiv erschweren könnte. Stein des Anstoßes ist demnach, dass der aktuelle Entwurf des überarbeiteten Regionalisierunsgesetzes keine sogenannten Allgemeinen Vorschriften erlässt. Die sind laut GVN notwendig, damit Busunternehmen einen beihilfekonformen Ausgleich für ihre Mindereinnahmen erhalten. Heißt: Unabhängige Busunternehmen haben nach aktuellem Stand keine Garantie, dass der Staat eventuelle finanzielle Verluste durch das Deutschlandticket ausgleicht, wie es etwa bei der Bahn der Fall ist.
GVN rät zur Ablehnung des Deutschlandtickets
Der Bund legt die Verantwortung für den finanziellen Ausgleich der Verkehrsunternehmen laut GVN gegenwärtig in die Hände der Bundesländer, verpflichtet diese aber nicht zu einer flächendeckenden Umsetzung der im Gesetz verankerten Vorgaben. Obwohl die Fachvereinigung das Deutschlandticket eigenen Angaben zufolge eigentlich begrüßt, rät es Busunternehmen wegen der fehlenden Regelungen aktuell davon ab, die neue Fahrkarte zu akzeptieren, da sie im Zweifelsfall auf den dadurch entstehenden Verlusten sitzen bleiben. Von der Problematik betroffen sind laut Bericht rund 40 Prozent aller öffentlichen Personennahverkehre in Niedersachsen.
Da es nach jetzigem Stand jedem Busunternehmen offen steht, ob es das Deutschlandticket akzeptiert oder nicht, könnte die Situation für Fahrgäste laut GVN schnell unübersichtlich werden und das Versprechen der deutschlandweiten Nutzung werde nicht eingehalten. Auf die besagte Allgemeine Vorschrift könne man dem GVN zufolge nur dann verzichten, wenn die EU-Kommission diesen Umstand schriftlich und allgemeinverbindlich bestätigt. Entsprechende Verhandlungen zwischen EU-Kommission sowie Bund und Ländern liefen bereits, der Ausgang sei jedoch noch offen. Ob eine Entscheidung bis zum 1. Mai 2023 fällt, sei nicht absehbar. Sollte es hier zu keiner einheitlichen Regelung kommen, wäre das nach der unlängst eingeräumten, möglichen Preiserhöhung für das Deutschlandticket bereits der zweite dicke Dämpfer für die Attraktivität der Fahrkarte.