Omikron-Subtypen im Vergleich: Worin unterscheidet sich BA.2 von BA.1?

  • Es ist möglich, dass die Omikron-Untervariante BA.2 im März das Infektionsgeschehen in Deutschland dominiert.
  • Klar ist inzwischen, dass sie einen „Fitnessvorteil“ gegenüber BA.1 hat.
  • Die Studienlage zur Krankheitsschwere ist hingegen widersprüchlich: Ein Überblick dazu, was bekannt ist.

Bereits kurz nachdem die Omikron-Untervariante BA.1 sich weltweit durchgesetzt hatte, machte sich im Januar bereits ein weiterer Subtyp im pandemischen Weltgeschehen bemerkbar: BA.2. In einigen Ländern wie Indien, Dänemark, Österreich und Südafrika dominiert sie bereits das Infektionsgeschehen. Und auch in Deutschland holt die Untervariante auf. Worin unterscheiden sich die Virenstränge im Detail – und ist BA.2 gefährlicher? Fünf Fragen und Antworten.

BA.1 und BA.2: Wie weit verbreitet sind die Omikron-Subtypen?

Drei Untervarianten von Omikron haben Forschende bislang ausgemacht: BA.1, BA.2 und BA.3. Die meisten bestätigten Fälle fallen im Moment weltweit auf BA.1. Aber der Anteil von BA.2 wächst kontinuierlich, international und auch in Deutschland. Der Anteil in einer Stichprobe untersuchter Corona-Fälle sei hierzulande zuletzt auf 14,9 Prozent gestiegen, hält das Robert Koch-Institut (RKI) in seinem jüngsten Wochenbericht fest. Diese Angabe bezieht sich auf die Woche bis zum 6. Februar – für die Woche davor gibt das RKI den Anteil mit 10,4 Prozent an.

Zwar lässt sich aktuell noch der überwiegende Großteil der untersuchten Virenproben auf BA.1 zurückführen. Die Deltavariante wurde durch diesen Omikron-Subtyp Anfang Januar fast komplett zurückgedrängt – und macht nur noch zwei Prozent aus. Das könnte sich aber bald ändern. Grob geschätzt könne BA.2 Anfang bis Mitte März auch in Deutschland übernehmen, sagte die Frankfurter Virologin Sandra Ciesek im NDR Info-Podcast „Coronavirus Update“. Die Weltgesundheitsorganisation berichtet ebenfalls von einem stetigen Anstieg der Untervariante: BA.2 machte mehr als ein Fünftel aller Omikron-Fälle aus, die Anfang Februar weltweit analysiert wurden.

Wie unterscheiden sich die Virenstränge auf molekularer Ebene?

Nachdem BA.2 vermehrt in Virusproben auftauchte, schauten sich Gesundheitsbehörden weltweit detaillierter die Virusstruktur des Subtypen an. Es zeigte sich: BA.1 und BA.2 haben unterschiedliche Mutationen, und zwar „in den wichtigen Bereichen“, wie das „Statens Serum Institut“ bereits in einer Mitteilung von Mitte Januar festhielt. Das ist das zentrale Labor des dänischen Gesundheitsdienstes. „Tatsächlich ist der Unterschied zwischen BA.1 und BA.2 größer als der Unterschied zwischen dem Ursprungsvirus und der Alpha-Variante“, hieß es.

Auch das RKI spricht davon, dass sich die Sublinien von Omikron unterscheiden. Sie weisen demzufolge verschiedene Aminosäureunterschiede innerhalb des Spikeproteins und anderen Virusproteinen auf. „Beispielsweise sind die Aminosäuren 69 und 70 in Spikeprotein von BA.1 deletiert (delH69/V70), in BA.2 aber nicht“, heißt es im Wochenbericht.

Ist BA.2 ansteckender als BA.1?

Die veränderten Vireneigenschaften vergrößern damit auch das Übertragungsrisiko von Mensch zu Mensch. In seiner sechsten Stellungnahme hält der Expertenrat der Bundesregierung fest: Der Virenstrang BA.2 habe gegenüber BA.1 „einen Fitnessvorteil“, sei also vermutlich noch leichter übertragbar, und deshalb könne auch mit einer verlängerten Welle zu rechnen sein.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen auch Forschende aus Japan, die in einer noch zu begutachtenden Preprint-Studie festhalten: Laut statistischen Analysen ist die effektive Reproduktionszahl von BA.2 rund 1,4-mal höher als bei der bislang dominierenden Omikron-Variante. In Zellkultur habe sich zudem gezeigt, dass sich BA.2 im Körper schneller vermehrt. Auch erste Haushaltsstudien aus Dänemark und dem Vereinigten Königreich deuteten darauf hin, dass die Sublinie BA.2 leichter übertragbar ist als BA.1, hält das RKI im Wochenbericht fest.Omikron-Subtypen: Fällt die Krankheitsschwere anders aus?Beim Omikron-Subtyp BA.1 ist inzwischen anhand mehrerer internationaler Studien belegt, dass eine Infektion im Schnitt milder verläuft als es noch nach einer Ansteckung mit der Deltavariante der Fall war. Die Ständige Impfkommission resümiert anhand derzeitiger Daten im aktuellen epidemiologischen Bulletin: „Verglichen mit einer Delta-Infektion war das Hospitalisierungsrisiko über alle Altersgruppen und ohne Differenzierung nach Impfstatus bei Omikron-Infektionen um 40 bis 80 Prozent niedriger.“ Das heißt also: Das Risiko für eine Einweisung ins Krankenhaus war deutlich geringer.Ob das auch bei BA.2. der Fall ist, ist noch unklar. „Hinsichtlich der klinischen Charakteristik gibt es derzeit keine Hinweise darauf, dass sich Infektionen mit BA.2 von Infektionen mit BA.1 unterscheiden“, schreibt das RKI. Der Expertenrat der Bundesregierung hält bislang fest, dass es über die Krankheitsschwere bei BA.2. noch keine ausreichenden Erkenntnisse gebe.

In der Tat ist die Studienlage bislang nicht eindeutig. Die Analyse des Statens Serum Instituts in Dänemark zeigte bislang beispielsweise keine Unterschiede bei Hospitalisierten im Vergleich zu BA.1. Eine südafrikanische Forschungsgruppe kommt in einem Preprint von Mitte Februar zum gleichen Ergebnis. Die Forschenden aus Japan hingegen haben sich die virologischen Eigenschaften des Virenstrangs genauer angeschaut und kommen zum Schluss: BA.2 unterscheidet sich in seiner genomischen Sequenz so stark von BA.1., dass diese als eigenständige besorgniserregende Variante klassifiziert werden müsse. Das Risiko von BA.2 für die globale Gesundheit sei im Vergleich mit BA.1, bisher für die Omikron-Welle verantwortlich, potenziell höher. Das RKI teilt diese Einschätzung bislang aber noch nicht. Bis zum Vorliegen anderer Erkenntnisse müssten für die Sublinien „dieselben besorgniserregenden Erregereigenschaften wie für die Elternlinie“ angenommen werden, heißt es.

Die japanischen Forschenden stützen ihre Einschätzung auf Experimente mit Hamstern. Dabei konnten sie Hinweise darauf finden, dass die Pathogenität bei BA.2 ähnlich wie bei der Alpha-Variante ausfalle, „und höher als bei BA.1″, wie es im Preprint heißt. Es wurde auch mehr Virus in der Lunge gefunden. Aber auch diese Analyse ist noch nicht von unabhängiger Seite begutachtet worden. Wie die Autoren und Autorinnen zudem selbst einräumen, brauche es klinische Untersuchungen am Menschen, um mehr darüber sagen zu können, inwiefern BA.2 wirklich pathogener ist.

Wie sieht es mit der Immunflucht aus?

Laut der Virologin Sandra Ciesek gibt es nach eigenen Laboranalysen im Vergleich zur bisher verbreiteten Omikron-Variante keine Hinweise darauf, dass BA.2 die Immunantwort noch einmal deutlich mehr umgeht als die bisherige Omikron-Variante. Geimpfte und auch von BA.1 Genesene entwickelten neutralisierende Antikörper gegen den Virenstrang. „Das ist kein hundertprozentiger Schutz“, erklärte die Wissenschaftlerin. „Aber die Immunantwort wird stimuliert.“ Es sei relativ unwahrscheinlich, sich direkt nach einer Infektion oder Impfung erneut mit BA.2 anzustecken – aber auch nicht unmöglich.

Der US-Mediziner Eric Topol verwies in einem Twitter-Post zudem auf Daten der britischen Gesundheitsbehörde UKSHA. Dessen jüngster Bericht zeigte ebenfalls, dass der Impfschutz gegen BA.2 genauso gut sei wie gegen BA.1, was als „recht beruhigend“ angesehen werden könne.